Manchmal geraten sehr brauchbare Modellbau- oder Flugutensilien in Vergessenheit. Warum, ist schwer zu deuten. Einem dieser 'Mauerblümchen' wird hier eine Reverenz erwiesen.
Etwa Mitte der Sechszigerjahre hielten die ersten Hochstartvorrichtungen mit Gummiseil Einzug in das Modellflugwesen. Eine Vielzahl davon probierte ich dann im Laufe der Zeit aus.
Zuerst wurde ein weißer Rechteckgummi angeboten. Wegen schlechter Gummiqualität und Kantenempfindlichkeit (leichte Einrissanfälligkeit) verschwand er recht schnell vom Markt.
Dann folgten die ersten Rundgummis mit Gewebeüberzug. Zuweilen sind sie bei nicht gerade begeisterten Anwendern heute noch zu finden. Die Gewebeumhüllung verhindert einfach eine volle Ausnützung der Gummidehnbarkeit. Sie nimmt sehr schnell Feuchtigkeit auf, gleichbedeutend mit beträchtlicher Gewichtszunahme. Die wiederum zieht dann besonders leichtere Modelle, nachdem die potentielle Hauptenergie des Gummis verbraucht ist, mehr zu Boden, statt sie auf Höhe zu bringen.
Schließlich tauchten aus den USA die ersten Gummischläuche auf. Auch ihr Leben war wegen Ozon- und UV-Empfindlichkeit äußerst kurz. Diese Kinderkrankheiten sollen inzwischen behoben sein. In aktuellen Katalogen werden sie nach wie vor in verschiedenen Durchmessern und Längen für leichte aber auch schwerere Modelle angeboten.
Was nun unseren Probanden betrifft: von all den erwähnten Hochstartvorrichtungen blieb mir nur jene der Firma Robbe erhalten. Erstanden hatte ich sie etwa Anfang der Siebzigerjahre. Obwohl noch heute lieferbar, ist sie so wenig bekannt und daher nicht gefragt, daß sie, wie wir erst kürzlich feststellen konnten, nicht einmal im Modellbausupermarkt lagernd war.
Die Auslieferung erfolgt in einem Karton unter der Robbe-Bestellnummer 5097. Lieferumfang: 30 m Naturkautschukseil Ø 6 mm, 150 m Polyamidseil Ø 0,9 mm (allgemein genügen 100 m), Seilfallschirm, Hochstartring, eine sehr clever ausgeführte Alukupplung für die Verbindung Gummi - Polyamidseil und ein Zeltnagel. Laut Vertreiber kann man damit Modelle bis zu 3 kg starten. Der Schönheitsfehler: es wird keine große Seiltrommel zum schnellen Aus- und Einrollen mitgeliefert. Auch einzeln ist das Gummiseil unter der Bestellnummer 5098 lieferbar.
Bemerkenswert und atypisch an diesem schwarzen Gummiseil ist nun, daß es keine Alterungserscheinungen zeigt und einen sehr guten Dehnungskoeffizienten aufweist. Selbst als es über ein Jahrzehnt nicht gerade geschont als Clubseil diente, riss der Gummi nur einmal und wurde einfach geknotet. Anlässlich der Testflüge mit dem im diesem PROP beschriebenen Modell 'Hot shot', zeigte es noch immer die gewohnte Qualität.
Recht unauffällig steht in der Montage- und Bedienungsanleitung ein wahrscheinlich selten genützter, wichtiger Ratschlag zur maximalen Dehnbarkeit des Gummiseiles. Es handelt sich dabei um das Einbrechen des Gummis. Jeder F1B - Modellflieger weiß, daß man den Gummistrang allmählich auf seine Höchstaufdrehzahl vorbereiten muss, sonst wird diese nie erreicht, bzw. birst der Gummi schon davor. Einen ähnlichen Vorgang benötigt das Gummiseil. Meine Methode, zu der ein Helfer benötigt wird: das Gummiseil wird an je einem Ende angefasst und jede Person entfernt sich ein paar kurze Schritte von der anderen. Zuerst 5, dann 10 dann 15 u.s.w., bis mindestens die doppelte Länge des Seils erreicht ist. Dazwischen geht man immer wieder zur Ausgangslänge zurück und lässt das Seil kurz rasten. Diese Prozedur ist recht fade, aber nur so lassen sich die Gummimoleküle becircen und erlauben es schließlich, die gesamte Hochstarteinrichtung auf gut 75 längere Schritte (die maximale Ausdehnstrecke für optimale Hochstarts, ohne Gefahr eines Gummiseilrisses) auszudehnen.
Unter Beachtung dieser Angaben und der Pflegeanleitung in der Beschreibung wird der Besitzer mit seiner Robbe - Hochstartvorrichtung sehr lange Freude haben.
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